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Leapmotor B10 (2025) im ersten Test: Die Kampfansage

Die chinesische Marke mit Stellantis-Unterstützung greift mit einem Kampfpreis an ...

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Wenn die Côte dAzur für etwas bekannt ist, dann für teure Cabrios mit glänzenden Chromfelgen und Menschen, die ihre Sonnenbrille auch nachts nicht absetzen. Doch in diesem Oktober war zwischen Nizza und den Hügeln der Provence ein Auto unterwegs, das mit "BlingBling" eher weniger am Hut hat: Der neue Leapmotor B10.

Ein C-Segment-SUV aus China, vollelektrisch, gut 4,50 Meter lang und vor allem unfassbar günstig. Ab 29.900 Euro geht es los, und selbst die volle Hütte liegt kaum darüber. Klingt zu gut, um wahr zu sein? Wir sind ihn Probe gefahren.

Leapmotor B10 (2025) im Test

Leapmotor ist nicht irgendein neuer Name im Elektroauto-Zirkus, sondern eine chinesische Marke, die jetzt richtig ernst macht. Der B10 ist das erste Modell, das speziell für internationale Märkte entwickelt wurde.

Hinter Leapmotor steht mit Stellantis ein dicker Fisch - Fiat, Peugeot, Opel, Jeep, alles unter einem Dach. Damit ist Leapmotor nicht nur irgendein Newcomer, sondern ein Start-up mit Supertanker im Rücken. Das spürt man, das sieht man, das fährt man. Aber der Reihe nach.

Schnelle Daten Leapmotor B10
Marktposition Elektrisches Kompakt‑SUV (C‑Segment)
Antrieb Heckantrieb
Systemleistung 160 kW / 218 PS
Max. Drehmoment 240 Nm
Batterie 67,1 kWh (LFP)
Reichweite bis zu 434 km WLTP
Ladeleistung DC bis 168 kW, AC bis 11 kW
0-100 km/h 8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 170 km/h
Preis Deutschland ab 29.900 Euro

Karosserie

Der B10 ist ein stattliches SUV und wirkt wie aus einem Guss. Die Oberfläche ist glatt, fast wie poliert, die Front recht bullig mit schmalen LED-Tagfahrlichtern, die sich vom bisherigen Familiengesicht deutlich unterscheiden. Weiter unten sitzen kleine Hauptscheinwerfer - alles LED, versteht sich. Das sieht zusammen eigenwillig, aber durchaus eigenständig aus.

Von hinten grüßt eine durchgehende Lichtleiste, die ganz klar beim Porsche Cayenne in der Designschule war. Die Seitenansicht ist großflächig, aber die Radkästen wirken etwas unterdimensioniert. Die Felgen (18 Zoll in der Topversion) könnten optisch mehr Präsenz vertragen, denn die Blechfläche darüber macht die Räder klein. Das ist natürlich Geschmacksache.

Feine Details wie die Sensoren in den vorderen Kotflügeln geben dem Ganzen einen Hauch Hightech. Weniger gelungen sind die Türgriffe: ausklappbar, aber nicht automatisch. Man muss sie auf einer Seite reindrücken, damit sie auf der anderen ausklappen. Das sieht stylisch aus, ist aber einhändig recht umständlich zu bedienen. Bei einem solch pragmatischen Auto eine unnötige Spielerei.

Kommen wir zum Innenraum: Vorne herrscht großzügige Bewegungsfreiheit. Das riesige Glasdach bringt Licht und Luftigkeit, die Kopffreiheit ist für diese Klasse hervorragend. Auch hinten lässt sich Leapmotor nicht lumpen. Für ein 4,51 Meter langes Auto ist der Knieraum fast schon unverschämt gut und auch die Kopffreiheit kann absolut überzeugen. Hier lässt es sich lange aushalten, für ein Fahrzeug dieser Größe durchaus nicht selbstverständlich.

Offiziell sind es 2.390 mm von Rücksitzlehne bis Fußraum. Da lachen selbst Langbeinige. Elektrotypisch ist der hohe Boden, der zu stark angewinkelten Beinen zwingt. Der Kofferraum ist ebenfalls groß genug und ordentlich geschnitten, der kleine Frunk vorne taugt immerhin noch für das Ladekabel.

Abmessungen Leapmotor B10
Länge 4.515 mm
Breite 1.885 mm
Höhe 1.655 mm
Radstand 2.735 mm
Wendekreis 10,8 m
Leergewicht 1.890 kg
Kofferraum 430 / 1.700 l (Frunk ca. 50 l)
Sitzplätze 5

Innenraum/Bedienung

Drinnen dominiert graues Kunstleder, von Leapmotor charmant als veganes Leder vermarktet. Klingt nach Nachhaltigkeit, fühlt sich aber an wie das, was es ist: Kunststoff. Die Oberflächen sind überwiegend aus Hartplastik, das Armaturenbrett robust geformt, mit großen Durchbrüchen, die etwas an den Defender erinnern wollen - nur leider ohne dessen Anfassqualität. Es soll rustikal wirken, wirkt aber eher billig. Einige Flächen sind weich unterschäumt, was das Ganze ein wenig rettet.

Diese Durchbrüche haben aber nicht nur einen (zweifelhaften) stilistischen Wert, sondern dienen als Aufnahme für spezielles Zubehör, das demnächst über Leapmotor zu beziehen ist. Das muss man sich dann ähnlich wie das "YouClip"-System bei Dacia vorstellen. Den pragmatischen Ansatz teilen ja beide Marken.

Bilder von: InsideEVs.de

Die Sitze sind großzügig dimensioniert, mit veganem Leder bezogen, elektrisch verstellbar, beheizt und - was bei diesem Material Gold wert ist - auch belüftet. Komfort, den man in dieser Preisklasse selten sieht. Die Sitzposition passt, das eigenartig geformte Lenkrad liegt gut in der Hand.

Hinter dem Lenkrad: eine kleine, fest auf der Lenksäule montierte Instrumententafel. Kein Head-up-Display, aber immerhin klassische Anzeigen, deren Schrift allerdings sehr kleinteilig ist. Aber hey, wir sind ja schon froh, dass es überhaupt eine Instrumententafel gibt. Woanders spart man sich das heute ja gern. Außerdem gibt es illuminierte Lüftungsdüsen und eine Ambientebeleuchtung, das ist schon fast ein wenig premium ...

Zentrum des Cockpits ist ein 14,6 Zoll großer Touchscreen mit hoher Auflösung und ansprechender Grafik. Das System läuft auf einem Snapdragon 8155-Chip, ist also flott unterwegs, zumindest theoretisch. Denn in der Praxis stürzte das Navi mehrfach ab oder fror ein. Zudem wurde die Schlüsselkarte einmal nicht erkannt, was dafür sorgte, dass das ganze Auto nicht mehr startete.

Erst nach einem Komplett-Reboot war wieder Leben im B10. So charmant das System aussieht, so wenig ausgereift wirkt es aktuell. Immerhin: Over-the-Air-Updates sollen bald Apple CarPlay und Android Auto nachrüsten und sicher auch für mehr Stabilität sorgen. Wir sagen: bitte dringend.

Ansonsten gelingt die Bedienung recht gut. Alles wird über den Touchscreen geregelt, wählbare Favoriten helfen deutlich. Auf den ersten Blick alles nicht ganz eingängig, aber wenn man sich erstmal eingefummelt hat, ist das System eigentlich ganz logisch.

Antrieb

Unter der Haube - naja, eigentlich unter dem Kofferraumboden - sitzt ein 160 kW starker Elektromotor an der Hinterachse. 218 PS, 240 Nm Drehmoment, 0-100 km/h in 8 Sekunden, Top-Speed 170 km/h. Das klingt nach solider Hausmannskost und so fährt es sich auch. Im Comfort-Modus wirkt der B10 träge, fast lethargisch. Man muss ordentlich aufs Strompedal latschen, damit was passiert.

Im Sport-Modus dagegen zeigt der Leapmotor plötzlich Zähne: knackiges Ansprechverhalten, spritzig im Antritt, vor allem im unteren Geschwindigkeitsbereich richtig lebendig. Man merkt ihm nicht an, dass er nur 218 PS hat.

Bilder von: Leapmotor

Unser Verbrauch lag mit rund 14 kWh/100 km deutlich unter WLTP-Niveau (17,3 kWh/100 km) und das in den südfranzösischen Bergen, ohne Schleichen. Realistische Reichweite mit dem 67,1 kWh-Akku: über 400 Kilometer. Die Ladeleistung liegt bei bis zu 168 kW DC und 11 kW AC. Damit lädt der B10 in unter 20 Minuten von 30 auf 80 Prozent. Das ist Schnellladen auf Augenhöhe mit deutlich teureren Konkurrenten.

Die Rekuperation ist in drei Stufen einstellbar, aber leider etwas inkonsistent im Verhalten. Nicht immer gleichmäßig, manchmal indifferent. Dafür ist das Bremspedal sauber abgestimmt. Der Übergang von Rekuperation zur mechanischen Bremse, also das sogenannte Blending, ist sehr gelungen.

Technische Daten Leapmotor B10
Motor Permanenterregter Synchronmotor (Heck)
Leistung 160 kW / 218 PS
Drehmoment 240 Nm
0-100 km/h 8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 170 km/h
Batterie 67,1 kWh (LFP)
Verbrauch ca. 14 kWh/100 km (Testwert)
Reichweite (WLTP) bis zu 434 km
Ladeleistung DC max. 168 kW (30-80 % in 20 Min)
Ladeleistung AC 11 kW dreiphasig

Fahrverhalten

Komfort ist das zentrale Thema beim B10. Das Fahrwerk ist weich abgestimmt, bügelt Temposchwellen mit Bravour glatt und sorgt für eine angenehm sanfte Fahrt. Die Kehrseite: In Kurven neigt sich der B10 deutlich zur Seite. Die Reifen sind auf geringen Rollwiderstand optimiert und tragen nicht gerade zur Agilität bei. Wer Kurven räubern will, wird hier enttäuscht. Der B10 schaukelt auf schlechten Straßen leicht, aber das passt zum Charakter: ein ruhiger Gleiter, kein Sportler.

Die Lenkung unterstützt diesen Eindruck. In der weichsten Einstellung erinnert sie an ein PlayStation-Lenkrad - butterweich, aber ohne jede Rückmeldung. Die mittlere Stufe geht in Ordnung, bleibt aber ebenfalls gefühllos. Die sportlichste Einstellung bringt nur mehr Widerstand, aber keine zusätzliche Präzision. Immerhin: Der Wendekreis ist dank des großen Lenkeinschlags extrem klein. In der Stadt eine echte Wohltat.

Kosten

Und jetzt der Knaller: Der Leapmotor B10 startet bei unter 29.900 Euro. Die gefahrene Topversion Pro Max DESIGN kostet nur 33.400 Euro - mit großem Akku, Glasdach, 18-Zöllern, belüfteten Ledersitzen, 360°-Kamera, Ambientebeleuchtung und allen Assistenten. Dass es zu diesem Preis noch keine Smartphone-Integration gibt, sei verziehen - sie kommt per Update. Unterm Strich bekommt man unfassbar viel Auto für wenig Geld.

Ein Blick auf die Konkurrenz zeigt, wie stark der Leapmotor B10 preislich positioniert ist. Der Hyundai Kona Electric etwa, mit einer 65-kWh-Batterie, startet bei rund 41.990 Euro. Er bietet solide Technik, ist jedoch etwas kompakter und deutlich teurer. Auch der Peugeot E-3008 mit 73 kWh liegt preislich höher - rund 48.000 Euro muss man hier einplanen. Er bringt zwar eine edlere Anmutung mit, ist aber komplexer in der Bedienung.

Der technisch sehr reife Renault Scenic E-Tech, erhältlich mit Batterien zwischen 60 und 87 kWh, beginnt bei etwa 41.400 Euro. Auch hier bekommt man ein gutes Elektroauto, aber eben keines mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis eines Leapmotor B10.

Fazit

Der Leapmotor B10 ist kein Blender. Er ist ein ehrlicher, durchdachter, komfortabler Stromer mit sehr viel Platz, sehr viel Ausstattung und sehr wenig Preis. Die Verarbeitung ist gut, die Technik solide, der Verbrauch niedrig und das Platzangebot sensationell. Klar, das Infotainment muss noch nachreifen, und die Materialien sind nicht gerade Oberklasse.

Aber wenn man sich das Preisschild anschaut, dann kann man darüber hinwegsehen. Viel Auto für wenig Geld? Genau das ist der B10. Ein ziemlich perfektes E-Auto für alle, die ein geräumiges, pragmatisches, voll ausgestattetes Elektromobil suchen, ohne dafür ein Haus zu verkaufen.

Dazu kommt, dass Leapmotor dank Stellantis aus dem Stand ein funktionierendes Händler- und Servicenetz zur Verfügung hat, was einen großen Vorteil gegenüber den meisten chinesischen Mitbewerbern darstellt und auch viel Vertrauen in die Marke aufbaut.

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