Wenn wir über Audi sprechen, kommt unweigerlich der Reihenfünfzylinder auf den Tisch. Geprägt haben diesen Gedankensprung wohl vor allem die Rallye-Audis der Gruppe B, die zwischen 1982 und 1986 auf losem Untergrund durch Menschenmassen bollerten.
Es ist dieser unverkennbare Sound, der sich in viele Gehirne gebrannt hat, der auch in abgespreckter Form bei den "zivilen" Serien-Audis zu hören ist. Und das seit bald 50 Jahren. Denn 1976 läutet Audi die Fünfzylinder-Ära in der zweiten Generationen des Audi 100 (C2) ein.
Die ersten waren sie hingegen nicht. Auf die Idee, eine ungerade Zylinderzahl zu nutzen, kamen schon viele vor ihnen. Der Fünfzylinder-Motor tauchte in den 1920er-Jahren schon bei Motorflugzeugen als Sternmotor auf. 1931 entwickelte ... und jetzt aufgepasst ... Ferdinand Porsche den "Volkswagen" mit einem Fünfzylinder-Sternmotor.
Die Fünfzylinder-Sache blieb im Laufe der Zeit jedoch vorerst in Familienhänden. Zwar kam Mercedes 1974 mit dem ersten Pkw-Diesel mit Reihenfünfzylinder um die Ecke, der wurde jedoch im Vorlauf im Ingenieurbüro Ferdinand Piëch entwickelt - richtig, der Enkel von Ferdinand Porsche.
Der Eingangs erwähnte unverwechselbare Klang wird vor allem durch die spezifische Zündfolge 1-2-4-5-3 erzeugt. Mit dem Reihenfünfer können zudem höhere Leistungen als bei Vierzylindermotoren erreicht werden, sie sind aber kompakter als Sechszylindermotoren. Durch die ungerade Zylinderanzahl entstehen jedoch auch Vibrationen und eine geringere Laufruhe, als sie Vier- und Sechszylinderkollegen bieten können. Helfen können zwar Ausgleichswellen, vollständig isolieren sie das Problem jedoch nicht.
Bilder von: Audi
Aber genau das macht eben auch den Charakter des Reihenfünfers aus. Im Audi 100 kam das erste Ingolstädter Aggregat mit einem Hubraum von 2.144 ccm und 136 PS. Audi konnte damit ein neues Leistungs- und Komfortniveau im oberen Mittelklassesegment anbieten. Der neue Motor wurde intern auf Basis des EA 827-Konzepts entwickelt.
Für Audi war er der perfekte, kompakte und effiziente Kompromiss zwischen Vierzylinder-Alltagstauglichkeit und den Herausforderungen, die ein Sechszylinder mit Bauraum und Gewichtsverteilung mit sich brachte. Kaum ein Jahr später, ab März 1977, rollte der Audi 100 5E erstmals auf die Straße.
Doch Audi beließ es nicht bei diesen ersten Varianten. Schon 1978 folgten die Ingolstädtern dem Stuttgarter Vorbild mit einem Zweiliter-Diesel. Der erste Fünfzylinder-Diesel bei Audi sollte ein alternatives Konzept für Alltag und Sparsamkeit etablieren. 1979 kam mit dem Audi 200 5T dann der erste turboaufgeladene Benziner auf Fünfzylinder-Basis mit 170 PS. Audi setzte ein klares Signal, dass der Fünfzylinder mehr sein sollte als nur eine pragmatische Zwischenlösung.
Der große Durchbruch kam dann 1980 mit dem ikonischen Audi Ur‑quattro: Dank Turbo, Ladeluftkühlung und permanentem Allradantrieb bot dieses Auto nicht nur eine neue Technik-Kombination für die Straße, sondern legte auch den Grundstein für Audis Motorsport-Erfolge. 200 PS gab es zur Markteinführung und damit ein enormes Potenzial für den Rallye- und Rennsport. Genau der bildete die Basis für die berüchtigten Gruppe-B-Rallyeboliden.
Bilder von: Audi
Schon 1982 wurde Michèle Mouton Zweite in der Fahrer-Weltmeisterschaft, Audi wurde Markenweltmeister. 1983 holte der Finne Hannu Mikkola dann auch den Fahrertitel ins Audi-Lager. Bis 1986 donnerten Varianten mit bis zu 450 PS durch die Landstriche der Welt.1984 leistete der Schwede Stig Blomqvist einen gewaltigen Anteil daran, beide Titel nach Ingolstadt zu holen. Allrad und Fünfzylinder, das war scheinbar eine ganz gute Kombi.
Auch nach dem Ende der Gruppe-B-Ära verlor der Reihenfünfer nicht an Bedeutung. Für den Alltag entstanden nach wie vor Diesel- und Benzinmotoren und Walter Röhrl scheuchte einen mächtigen Pikes Peak den Pass des berühmten gleichnamigen Bergrennens hoch. Hurley Haywood gewann im Audi 200 quattro Trans-Am die amerikanische Trans-Am-Serie 1988
Mitte der 1990er Jahre wurden viele Fünfzylinder-Modelle von einer neuen Generation V6-Motoren abgelöst. Doch 2009 kam der Reihenfünfer im Audi TT RS zurück. Der jetzt quer eingebaute 2,5-Liter-Fünfzylinder mit Turbo und Benzindirekteinspritzung leistete 340 PS. Über die Jahre expandierte diese Motorengeneration auf weitere Modelle. Mit der Markteinführung des Audi RS Q3 entstand 2013 erstmals ein Kompakt-SUV mit sportlichem Fünfzylinder.
Seit 2021 kommt die neuste Evolutionsstufe des 2.5 TFSI im aktuellen Audi RS 3 zum Einsatz. 400 PS knüppeln den Kompakten in 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Und wir? Wir stimmen in der Redaktion vermutlich allen unserem Kollegen Stefan Wagner zu. Der RS 3 ist "ein Auto, dessen Motor, Speed und Fahrverhalten süchtig machen."
Fünf Jahrzehnte nach seinem ersten Erscheinen steht der Fünfzylinder bei Audi also noch immer für kompromisslose Technik-Begeisterung. Die Kombination aus Leistung, Klang, Vielseitigkeit und Geschichte macht ihn zu einem legendären Teil der Marken-DNA. Wer ihn fährt, kutschiert auch ein Stück Automobilgeschichte.








