Mit 792 Kilometern nach WLTP ist der Mercedes CLA 250+ EQ ein richtiges Reichweiten-Monster. Aber wie sieht es mit dem Schnellladen aus? Laut Hersteller soll man den Akku in 22 min von 10 auf 80 Prozent bringen können. Außerdem soll es möglich sein, in zehn Minuten Strom für 300 km nachzuladen. Wir haben uns ein paar Ladetests angesehen, um zu sehen, ob das realistisch ist.
Die maximale Ladeleistung beim Mercedes CLA EQ mit der 85 kWh netto großen "Top Type"-Batterie wird im Konfigurator mit 320 kW angegeben. Dieser Wert ist im Grunde veraltet, denn seit einem Software-Update im Sommer sind bis zu 350 kW möglich, wie Auto-Bild berichtet. Der Wert wurde inzwischen von mehreren Testern in der Praxis erreicht. Allerdings durchaus nicht immer. Die Links zu den einzelnen Ladetests finden Sie unter dem Artikel - wie immer bei uns.
Die Ladetests
Die Ladeergebnisse sind generell sehr unterschiedlich. Auto-Bild erreichte im ersten Ladeversuch nur 158 kW, obwohl der Akku vorkonditioniert war und kein anderes Auto am gewählten Standort geladen wurde. Der Grund dafür blieb unklar. Möglicherweise lag es an einer zu hohen Akkutemperatur; diese wird im CLA angezeigt, aber die Kollegen haben sie nicht dokumentiert.
Bei einem zweiten Versuch in einem anderen Ladepark lief es besser: Diesmal wurden bis zu 313 kW erreicht, wenn auch nur sehr kurz. Dennoch dauerte der Ladevorgang von 9 bis 80 Prozent nur 22 Minuten, was sogar etwas besser ist als die Mercedes-Angabe, bei der der Ladevorgang ja bei 10 Prozent beginnt. Der Ladetest wurde bei nur 6 Grad Außentemperatur durchgeführt, doch ausschlaggebend für das Ladetempo ist die Akkutemperatur. Und die Vorkonditionierung hat offenbar gut gearbeitet, sonst wäre die vom Hersteller angegebene Ladedauer nicht erreicht worden, so die Tester.
Auto-Bild schreibt, dass man beim CLA nur dann über 300 kW Ladeleistung kommt, wenn man bei 10 % Ladestand (SoC) oder darunter mit dem Laden beginnt. So einfach ist es nicht, wie der Ladetest von MeinandersTV zeigt. Hier wurde schon bei einem Akkustand von 19 Prozent eine maximale Ladeleistung von 313 kW erreicht. Auch hier fiel die Ladeleistung ziemlich schnell ab. Der Kollege lud den Akku von 19 bis 77 %; die durchschnittliche Ladeleistung lag bei sehr guten 187 kW.
Der Ladeanbieter Fastned hat ebenfalls eine Ladekurve für die 85-kWh-Batterie von Mercedes veröffentlicht. Dabei wurde ab etwa 8 Prozent SoC geladen und es wurden 350 kW erreicht. Nach einem kleinen Einbruch bei etwa 20 % SoC sinkt der Fastned-Graph fast linear ab, bis bei etwa 75 % rund 120 kW Ladeleistung erreicht waren. Die benötigte Ladezeit wird nicht genannt.
Der sehr erfahrene Elektroauto-Tester Björn Nyland machte im Rahmen seiner 1.000-km-Challenge gleich vier Ladeversuche. Beim ersten fuhr er den 85-kWh-Akku bis auf 2 % SoC herunter und kam auf maximal 349 kW. Die Ladeleistung fiel aber schon bei etwa 13 % unter 300 kW ab; bei 41 % waren es nur noch 147 kW. Die Batterietemperatur war da schon auf 52 Grad angestiegen und der Ladestrom hatte sich von 500 auf 190 Ampere reduziert. Da Ladekabel und Stecker sich kalt anfühlten, vermutete Björn, dass nicht die Säule heruntergeregelt hatte, sondern das Auto.
Bei einem zweiten Versuch startete der Ladevorgang schon bei 13 %, die Akkutemperatur war mit 30 Grad ziemlich optimal. Dennoch wurden nur rund 270 kW erreicht. Dafür aber blieb die Ladeleistung diesmal länger hoch: Bei 47 % wurden noch 205 kW erreicht, also deutlich mehr als die 147 kW beim ersten Versuch. Bei einem dritten Versuch begann Björn bei 10 % und einer Batterietemperatur von 30 Grad und erreichte wiederum nur maximal 270 kW. Bei einem letzten Ladeversuch wurden bei 5 % SoC und 30 Grad Akkutemperatur ebenfalls nur 270 kW erreicht.
Jönohs kam auf knapp 300 kW, schaffte den Ladehub von 10 auf 80 Prozent aber immerhin in 23 min. Tarik von Elektrobays lud ab 10 % und erreichte bis zu 336 kW; bei 26 Prozent wurden noch 290 kW erreicht, bei 55 Prozent noch 180 kW. Er schaffte den Standard-Ladevorgang von 10 auf 80 % sogar in 21 min. Die Ladeleistung war bei 80 Prozent auf nur noch 107 kW abgesunken.
Unser Fazit
Alles in allem sind die Ladeergebnisse sehr unterschiedlich. Einen ähnlichen Eindruck hatten wir schon bei den Ladetests zum Xpeng G9. Wie schnell so ein Elektroauto lädt, hängt eben von einer Vielzahl von Faktoren ab. Natürlich vom Ladestand, von den Fähigkeiten der Säule und davon, ob man sich die vorhandene Ladeleistung mit anderen Autos teilen muss. Aber auch die Aufheizung durch den Strom spielt eine entscheidende Rolle: Wenn der Akku beim Laden überhitzt, regelt das Auto den Strom herunter, und wenn das Ladekabel oder der Stecker zu heiß wird, dann die Säule.
Dass ein Auto eine automatische Vorkonditionierung besitzt, muss auch nicht bedeuten, dass sie in allen Situationen perfekt funktioniert. Das zeigen wohl die Tests von Björn Nyland, der nur beim ersten Versuch auf 350 kW kam, später aber nur mehr 270 kW erreichte. Das Kühlen des Akkus während des Ladevorgangs scheint ebenfalls nicht immer gleich gut zu funktionieren, wie man an den unterschiedlichen Ladeleistungen am Ende des Ladevorgangs sieht. Aber das alles sind letztlich nur Vermutungen aufgrund der Ergebnisse der Kollegen.
Reichweite-Nachladen
Auf der Langstrecke ist eigentlich das Reichweite-Nachladen wichtiger als die Ladegeschwindigkeit. Dieser Wert sagt aus, wie lange man an der Säule warten muss, bis man weitere 300 oder 400 km fahren kann. Und das hängt natürlich vom Verbrauch ab.
Mercedes gibt wie gesagt an, dass man 300 Kilometer Reichweite in zehn Minuten nachladen kann. Auto-Bild schreibt, man habe in zehn Minuten 40 kWh geladen. Bei zehn Prozent Ladeverlusten wären dann 36 kWh im Akku angekommen. Geht man vom WLTP-Minimalverbrauch von etwa 12 kWh/100 km aus, würde das für die angegebenen 300 km reichen.
Laut Auto-Bild ist dieser Verbrauch auch erreichbar, allerdings nur bei maximal 90 km/h und unter optimalen Bedingungen im Sommer. Der Testverbrauch bei 130 km/h betrug allerdings rund 18 kWh, und dann reichen die 36 kWh nur für etwa 200 km. Das verdeutlicht wieder einmal, wie wichtig das gefahrene Tempo für den Verbrauch ist: Nach den Ergebnissen der Autozeitschrift liegt der Verbrauch bei 130 km/h ein Drittel höher als bei Tempo 90. Entsprechend früher muss man dann zur Ladesäule.
Wer es eilig hat, sollte trotzdem nicht 90 fahren. Denn dann bräuchte man für 1.000 km geschlagene elf Stunden, bei Tempo 130 nur knapp acht. Die drei Stunden Unterschied macht ein gesparter Ladevorgang nicht wieder wett. Auch preislich lohnt sich das Langsamfahren kaum: Bei Tempo 130 braucht man 180 kWh für 1.000 km. Dafür zahlt man zum Beispiel 126 Euro, wenn man bei Ionity mit App, aber ohne Abo für 70 Cent je kWh lädt. Das sind 42 Euro mehr, als man für die 120 kWh zahlt, die sich bei Tempo 90 ergeben: Für drei Stunden Ersparnis ist das wohl nicht zu viel.
Unter dem Strich
Beim Schnellladen sind Elektroautos zickig: Man darf nicht erwarten, bei jedem Ladevorgang das gleiche Ergebnis zu erzielen. Deswegen tendieren wir dazu, dass "ein Ladetest gleich kein Ladetest ist": Man muss sich schon mehrere ansehen, um einen Eindruck zu gewinnen.
An einer geringeren Ladeleistung kann die Säule "schuld" sein, aber auch das Thermomanagement des Autos. Und nicht immer sind die Gründe klar ersichtlich - noch nicht mal, wenn die Akkutemperatur im Fahrzeug angezeigt wird wie beim Mercedes CLA EQ. Inwieweit man sich auf diese Anzeige verlassen kann, ist ja auch nicht klar - möglicherweise ist das nur eine Abschätzung.
Noch unübersichtlicher wird es, wenn man einen Wert fürs Reichweite-Nachladen ermitteln will. Denn da kommt es außer aufs Laden auch noch auf den Verbrauch an. Und der hängt beim Elektroauto extrem vom gefahrenen Tempo ab. Deswegen können wir das Gerede vom "realistischen Verbrauch" auch nicht mehr hören ...







