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Porsche Cayenne Electric: Erste Mitfahrt und neue Technik-Details

Neuling bietet eine besonders effektive Ölkühlung im Heckmotor, eine völlig neue Batterie mit 6 Modulen und erstmals Schubrekuperation.

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Richtig blass sah der Kollege aus nach der schnellen Runde mit dem Porsche Cayenne Electric: Vielleicht sehe ich ja auch so aus, aber meine Fahrt mit Philippe war ein Hochgenuss: So gekonnt wie der "verrückte Franzosen" wirft wohl kaum einer von den Profifahrern den 2,7-Tonner in die Kurve. Von diesem Erlebnis stolpere ich, noch mit feuchten Augen, unvermittelt in ein Gespräch mit Batteriefachmann Maximilian Müller.

Wenig später sitze ich im Porsche Experience Center in Leipzig, und rekapituliere meine Erfahrung mit Philippe. Von links durch die Tür dringt immer noch das laute Reifenquietschen herein, denn Philippe und seine Kollegen jagen die geschundenen Testfahrzeuge immer wieder den Berg hinauf.

Ich nahm auf dem Beifahrersitz Platz und Philippe sagte mir, ich solle den Kopf an die Kopfstütze anlegen. Dann aktivierte er die Launch Control und legte los. Das ist der Moment, an dem einem das Blut aus dem Gesicht weicht. Über 1.000 PS hat das Topmodell des Cayenne, also rund 735 kW, und es beschleunigt in unter drei Sekunden auf Tempo 100.

In den Kurven verhält sich das Ding wie ein 911, schwärmt Philippe. Kein Wanken, man kann alles damit machen, was man will: driften, über die Curbs holpern, gegenlenken, Spaß haben. Aber man kann auch die Familie kutschieren, mit allem Komfort. Möglich macht es das aktive Fahrwerk, das beim Topmodell zu der Luftfederung hinzukommt.

Technische Daten des Porsche Cayenne Electric

  • Allrad-Antriebe mit 2 Permanentmagnet-Synchronmotoren und 2 Eingang-Getrieben
  • Systemleistung: bis zu 600 kW im Normalbetrieb, mit Push-to-Pass-Funktion kurzzeitig 100 kW mehr, mit Launch Control kurzzeitig bis zu 800 kW und 1.500 Nm
  • 0-100 km/h / Höchstgeschwindigkeit: < 3,0 Sek. beim Topmodell / 250 km/h 
  • Akku: 113 kWh brutto, 108 kWh netto (NMCA)
  • Reichweite: Über 600 km
  • Max. Ladeleistung (AC/DC): Bis 11 kW (optional induktiv oder mit 22 kW) / bis 400 kW (200 kW bei 400 Volt)
  • DC-Ladedauer: <16 min an der 800-Volt-Säule, <26 min an der 400-Volt-Säule
  • Kofferraum: 553-1.588 Liter plus Frunk

Antrieb

Am Vormittag habe ich die Besonderheiten des Cayenne theoretisch kennengelernt. Technische Basis des Neulings ist die Premium Platform Electric, die auch den Porsche Macan und Audi Q6 e-tron trägt. Allerdings eine deutlich modifizierte. So ist der Heckmotor völlig neu: Die von Porsche zusammen mit ZF entwickelte Maschine hat eine besonders wirksame Öl-Direktkühlung am Stator, die mir Motor-Fachfrau Vivien Schreiber am Schnittmodell erklärt.

Während beim Porsche Macan und Audi Q6 e-tron nur die Enden der Wicklungen über Öldüsen gekühlt werden, fließt bei Porsche ein Kühlmittel an der ganzen Länge der Wicklungen entlang. Deswegen verzichtet Porsche auch auf die Kühlung von innen, durch die Welle des Rotors. Das Öl wird auch für die Kühlung der dicken Kupferdrähte verwendet, die den Strom vom Inverter zur Maschine leiten. Das Öl fließt dann in einen Wärmetauscher und gibt dort die Hitze an die Luft ab. Für die drei Zahnräder des Getriebes gibt es einen separaten Wärmetauscher daneben. Als Kühlmittel wird ein elektrisch nicht leitendes Öl von Partner Exxon verwendet.

Der Inverter dagegen, der dritte Bestandteil der Antriebseinheit, hat eine Wasserkühlung. Er kommt von Bosch und arbeitet mit Siliciumcarbid-Halbleitern. Beim Topmodell gibt es diese besonders effiziente Elektronik auch am Frontmotor, die übrigen Modelle haben dort normale Siliciumchips. Außerdem reicht hier wegen der geringeren Leistung eine Wassermantelkühlung. Der vordere Motor ist aber nicht neu, sondern wird vom Macan übernommen.

Zu den Motorleistungen wollten uns die Experten nichts sagen; Baureihenleiter Michael Schätzle verriet aber, dass es fünf verschiedene Elektromotoren gibt, davon drei an der Hinterachse und zwei für vorne. Durch die verschiedenen Kombinationen ergeben sich die Leistungsstufen. Neu ist nur, dass der Antrieb bis zu 1.500 Newtonmeter liefert.

Es bleibt dabei, dass das Topmodell rund 1.000 PS (735 kW) haben soll. Im Boost sind kurzzeitig sogar über 800 kW möglich. Das deckt sich mit den Angaben des Batterieexperten Maximilian Müller: Wir holen bis zu 1.000 Ampere aus der Zelle, sagte er. 1.000 Ampere mal 800 Volt ergeben rund 800 kW - oder realistischerweise etwas weniger, denn die allermeisten 800-Volt-Autos haben ja etwas weniger Spannung.

Auch bei der Rekuperation gibt es eine deutliche Änderung gegenüber dem Macan: Beim Cayenne wird nicht nur beim Bremsen rekuperiert, sondern wenn man will auch im Schub. Drei Stufen sind wählbar: Ein, Aus und Auto. Bei "Ein" wird etwa so stark verlangsamt wie beim Verbrenner, bei "Aus" wird gesegelt und "Auto" aktiviert eine automatische Rekuperation je nach Fahrsituation. One-Pedal-Driving bietet Porsche aber nach wie vor nicht an, wie Schreiber auf Nachfrage sagte. Die maximale Rekuperation mit bis zu 600 kW wird also nur beim Bremsen aktiviert.

Warum hat man sich nun doch für eine Schubrekuperation entschieden, die bisher so vehement abgelehnt wurde? Man wolle Elektro-Einsteigern die vom Verbrenner gewöhnte Verlangsamung bieten, so die offizielle Sprachregelung. Wir vermuten, dass auch das Feedback der Kundschaft eine Rolle gespielt haben könnte. 

Noch keine Infos gab es zum simulierten V8-Sound des Cayenne Electric. Uns fiel auf, dass es am Lenkrad keine Wippen gibt wie etwa beim Hyundai Ioniq 5 N. Simulierte Gangwechsel wird es also zunächst nicht geben. Auch die verschiedenen Rekuperationsmodi werden wohl über den Touchscreen aktiviert. So bleibt selbst beim technisch extrem ausgefuchsten Cayenne noch Luft nach oben ... 

Batterie

Aber nicht nur der Heckmotor wurde gegenüber dem Macan geändert, auch bei der Batterie blieb kein Stein auf dem anderen. Das beginnt bei der Batteriechemie: An der Kathode wird eine NCMA-Chemie verwendet, neben Nickel, Cobalt und Mangan ist hier also auch Aluminium enthalten, was die Stabilität des Materials erhöhen soll. Zudem ist der Nickelanteil mit 86 Prozent besonders hoch, was die Energiedichte erhöht. Dem gleichen Zweck dient, dass an der Anode der Siliciumanteil bis auf sechs Prozent hochgeschraubt wurde.

So speichert der Akku brutto 113 kWh, netto 108 kWh. Das soll für rund 600 km Reichweite genügen. Da Silicium-Anoden stärker "atmen" als normale Graphitanoden - sie dehnen sich beim Laden auf und schwellen beim Entladen wieder ab -, wählte man Pouch-Zellen, also Zellen in flexiblen Kunststoff-Alu-Beuteln. Sie kommen von LG, wie beim Taycan. Der Macan dagegen hat prismatische Zellen. 

Zweitens wurde die Zahl der Module verringert. Hatte der Taycan noch 33 Module, so waren es beim Macan nur noch 12 und beim Cayenne sogar nur noch sechs. Damit erspart man sich eine Menge inaktives Material. Warum dann nicht gleich ein CTP-Batterie ganz ohne Module? Weil das die Reparatur und die Wiederverwendung erschweren würde, so Batterieexperte Maximilian Müller.

Der Cayenne hat 192 Zellen in sechs ziemlich langen Modulen, die wie die Zellen quer zur Fahrtrichtung angeordnet sind. Die 32 Zellen pro Modul sind in zwei Reihen organisiert, eine Hälfte links, die andere rechts. Jedes Modul wird einzeln gekühlt, und zwar von oben und von unten - ein weiterer deutlicher Unterschied zum Macan. Und was passiert, wenn eine Zelle beschädigt wird? Gibt es eine "Sollreißstelle" in dem Beutel? Nein, erklärt mir Müller, so etwas gibt es auf Modulebene: Die beim Durchgehen entstehenden Gase und Partikel verlassen das Modul nach unten; sie gelangen über Kanäle nach hinten, wo sie nach unten ausgestoßen werden. 

Beim Fahren und beim Laden an der 800-Volt sind alle Zellen in Reihe geschaltet, die Batteriekonfiguration ist also 192s1p. Aufgeladen wird dann mit bis zu 400 kW; der Standard-Ladevorgang von 0 auf 80 Prozent dauert weniger als 16 Minuten.

An 400-Volt-Säulen tritt wie beim Q6 e-tron und Macan das Bankladen in Aktion: Die Batterie wird in zwei 400-Volt-Hälften geteilt, die parallel zueinander geschaltet werden. Die Ladeleistung sinkt logischerweise auf 200 kW, aber der Peak wird hier deutlich länger gehalten. Denn der Standard-Ladevorgang dauert hier nicht doppelt so lang. Mit 26 Minuten schneidet der Cayenne auch im Vergleich mit 400-Volt-Autos noch gut ab.

Ladegeschwindigkeiten:
- 800 Volt-Laden: 108 kWh*0,7/16 min = 4,7 kWh/min
- 400-Volt-Laden: 108 kWh*0,7/26 min = 2,9 kWh/min

Induktives Laden

Auch das neue induktive Ladesystem für den Cayenne erklärte Porsche.Überraschung hier: Die Ladeplatte, die an die Unterseite des Autos geschraubt wird, verfügt über eine eigene Leistungselektronik. Der Strom gelangt also von der Empfängerspule nicht in den hinten verbauten Bordlader, sondern wird direkt im Bauteil in Gleichspannung für den Akku umgewandelt. Der Inverter hat sogar eine eigene Kühlung.

Auf der Senderseite, also in der Platte am Boden, gibt es eine aktive Luftkühlung; eine Pumpe drückt Luft an der Spule vorbei. Der Wirkungsgrad des induktiven Ladens soll mit 90 Prozent nur wenig kleiner sein als die 93 Prozent, die man an einer Porsche-Wallbox erhält.

Thermomanagement

Die Kühlluft wird beim Cayenne von Propellern in die Lüfter gedrückt statt gesaugt. Die Propeller dafür befinden sich also vor den Wärmetauschern, nicht dahinter.

Was die Wärmepumpe angeht, so kann der Porsche Cayenne außer der Wärme von Antrieb und Batterie auch die Umgebungsluft als Wärmequelle verwenden. Mercedes bezeichnet das im neuen CLA als Drei-Quellen-Wärmepumpe. Porsche dagegen verzichtet auf ein eigenes Bauteil und nutzt stattdessen die vorhandenen Wärmetauscher und Pumpen.

Wählt man einen Schnellader als Navi-Ziel, wird der Akku wie üblich automatisch vorkonditioniert. Eine Besonderheit besteht darin, dass das vorausschauend geschieht. So wird zum Beispiel ein vorausliegender Stau mit eingerechnet: Wenn die Batterie heiß ist, braucht man dann nicht so stark zu kühlen, wenn sie kalt ist, muss man mehr aufheizen.   

Der Cayenne Electric erhält serienmäßig eine Luftfederung mit elektronisch geregelten Dämpfern. Optional gibt es ein aktives Fahrwerk, Porsche Active Ride genannt. Dabei übernehmen die Dämpfer auch die Funktion der Stabilisatoren; die elektronisch geregelten Hydraulikpumpen können je nach Fahrsituation den Druck an jedem der vier Dämpfer erhöhen. So soll das System die Karosserie auch bei starkem Bremsen, Beschleunigen oder in scharfen Kurven parallel zur Fahrbahn halten. Ebenfalls optional wird eine Hinterachslenkung angeboten.

Der Porsche Cayenne Electric kommt im ersten Halbjahr 2026 auf den deutschen Markt; wenn wir die Andeutungen von Baureihenleiter Schätzle richtig verstanden haben, wird es eher gegen Ende des Halbjahrs sein. Zum Preis gibt es noch keien Infoarmationen, aber günstiger als der Verbrenner-Cayenne wird die Elektroversio wohl kaum. Und beim fossil angetriebenen Modell reden wir schon von Beträgen über 100.000 Euro. 

Porsche Cayenne Electric (Technik-Workshop)

Unter dem Strich

Der Porsche Cayenne basiert auf PPE, aber auf einer deutlich modifizierten Version der Plattform. So ist die Batterie hier völlig anders, besteht aus anderen Zellen und Modulen. Aber auch ein neuer Heckmotor wurde entwickelt. Eine weitere Überraschung ist, dass Porsche nun auch die bisher rundheraus abgelehnte Schubrekuperation zulässt. Zu den einzelnen Versionen und ihren Leistungen war nichts Neues zu erfahren. Damit bleibt es bei den ungefähren Angaben von Autocar, nach denen der Cayenne etwa 400 PS bekommt, der Cayenne S 600 PS und der Turbo 800 PS im Normalmodus und 1.000 PS mit Launch Control.

Alles in allem bleibt auch die Elektroversion des Porsche Cayenne ein Allrounder, den man sowohl zum sportlichen Fahren als auch als gemütliche Familienkutsche mit viel Komfort sowie im Gelände nutzen kann. Die Preise dürften allerdings gesalzen sein; denn schon die Basisversion mit Verbrenner kostet über 100.000 Euro. Für die meisten von uns dürfte der Wagen außer Reichweite bleiben. An den technischen Schmankerln dürfen sich aber auch wir Techies freuen.  

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