Ist das Basismodell mit fast 72.000 Euro nicht überteuert? Wir gucken genauer hin.
Der Volvo ES90 ist seit März 2025 konfigurierbar, ausgeliefert wird ab Ende des Jahres. Wir haben die neue Elektro-Limousine bereits getestet; darüber dürfen wir aber erst ab dem 21. Oktober berichten. Bereits bieten können wir jedoch einen Datenvergleich: Wir stellen den ES90 seinen Wettbewerbern gegenüber. Dabei konzentrieren wir uns auf die Technik, vor allem die Langstreckentauglichkeit, gemessen an Reichweite und Schnelllade-Fähigkeiten.
Um die Konkurrenten zu bestimmen, gehen wir zunächst nach der bewährten Schubladenmethode vor: In welche Klasse gehört der Volvo ES90? Die 40er-Modelle von Volvo würden wir in die Kompaktklasse einsortieren, die 60er in die Mittelklasse und den ES90 als 90er-Modell in die obere Mittelklasse.
Elektrolimousinen der oberen Mittelklasse gibt es im Premiumsegment nicht allzu viele. Wenn wir die Exoten Nio ET7 und Genesis Electrified G80 weglassen, fallen uns neben dem ES90 genau drei ein: der Audi A6 Sportback e-tron, der BMW i5 und der Mercedes EQE. Sehen wir uns Vergleichsmodelle zum Einstiegsmodell des ES90 an:
Volvo ES90 RWD | Audi A6 e-tron Performance | BMW i5 eDrive40 | Mercedes EQE 350+ | |
Antrieb | RWD 245 kW | RWD 270 kW | RWD 250 kW | RWD 235 kW |
0-100 km/h | 6,6 Sek. | 5,4 Sek. | 6,0 Sek. | 6,1 Sek. |
WLTP-Verbrauch | 15,9-18,5 kWh | 14,0-15,9 kWh | 17,9 kWh | 16,1 kWh |
Akku netto | 88 kWh | 94,9 kWh | 81,2 kWh | 96 kWh |
WLTP-Reichweite | 651 km | 756 km | 627 km | 691 km |
Ladedauer 10-80 % | 22 min | 21 min | 30 min | 32 min |
Ladegeschwindigk. | 2,8 kWh/min | 3,2 kWh/min | 1,9 kWh/min | 2,1 kWh/min |
Reichweite-Nachladen | 20,7 km/min | 25,2 km/min | 14,6 km/min | 15,1 km/min |
Preis | 71.990 Euro | 75.600 Euro | 70.200 Euro | 69.270 Euro |
Beim Audi hatten wir die Auswahl zwischen dem Basismodell A6 e-tron mit 210 kW für knapp 63.000 Euro und der Performance-Version mit 270 kW für etwas weniger als 76.000 Euro. Wir haben uns für die teurere Version entschieden, weil diese preislich näher am Volvo liegt; einen Vergleich mit dem Basismodell finden Sie weiter unten.
Die Ladegeschwindigkeit in Kilowattstunden pro Minute haben wir aus der Nettokapazität und der Ladedauer errechnet. So ergeben sich für den Volvo 88 kWh x 0,7 / 22 min = 2,8 kWh/min. Analog errechnet sich der Wert fürs Reichweite-Nachladen aus der Maximal-Reichweite: 651 km x 0,7/22 min = 20,7 km/min. Der erste Wert gibt an, wie schnell man die Energie in den Akku bekommt, die zweite, wie weit man mit dem pro Minute gesaugten Strom fahren kann. In beiden Disziplinen ist der Volvo schlechter als der Audi, aber besser als die 400-Volt-Modelle von BMW und Mercedes.
Was den Preis angeht, so ist der Volvo teurer als die 400-Volt-Rivalen, aber 4.000 Euro günstiger als der Audi. Diese Preisdifferenz entspricht nur etwa sechs Prozent und dürfte kaum kaufentscheidend sein. Vermutlich wird sich die Kundschaft eher nach Optik und Image entscheiden: Lieber den Volvo mit schlichtem Design außen und skandinavischem Wohnzimmer-Flair innen? Oder den eher technoid wirkenden A6 e-tron mit seinen vielen Bildschirmen im Cockpit? Das ist individuell verschieden.
Technisch ist der Audi eindeutig besser, er ist dem Volvo in jeder Kategorie überlegen. Die 400-Volt-Modelle von BMW und Mercedes können teilweise mithalten oder sind sogar besser als der Volvo, aber erwartungsgemäß sind sie beim Laden deutlich schlechter.
Gehen wir nochmal anders an die Sache heran. Lassen wir die Segmente beiseite und sehen uns die Karosserie an. Mit genau fünf Metern Länge gehört der Volvo ES90 zu den großen Limousinen. Und obwohl man das nicht auf den ersten Blick sieht, verfügt das Modell über eine große Heckklappe. Dies verbindet ihn erneut mit dem A6 Sportback e-tron, aber auch unterklassigen Fahrzeugen wie dem VW ID.7 oder dem Mazda 6e, die beide 400-Volt-Technik haben. Hier wieder eine Vergleichstabelle für das Basismodell des ES90, wobei wir diesmal das A6-Basismodell betrachten:
Volvo ES90 RWD | Audi A6 e-tron | VW ID.7 Pro S | Mazda 6e Long Range | |
Antrieb | RWD 245 kW | RWD 210 kW | RWD 210 kW | RWD 180 kW |
0-100 km/h | 6,6 Sek. | 7,0 Sek. | 6,6 Sek. | 7,8 Sek. |
WLTP-Verbrauch | 15,9-18,5 kWh | 13,6-15,6 kWh | 13,6 kWh | 16,5 kWh |
Akku netto | 88 kWh | 75,8 kWh | 86 kWh | ca. 75 kWh |
WLTP-Reichweite | 651 km | 627 km | 708 km | 552 km |
Ladedauer 10-80 % | 22 min | 21 min | 26 min | 47 min |
Ladegeschwindigkeit | 2,8 kWh/min | 2,5 kWh/min | 2,3 kWh/min | 1,1 kWh/min |
Reichweite-Nachladen | 20,7 km/min | 20,9 km/min | 19,1 km/min | 8,2 km/min |
Preis | 71.990 Euro | 62.800 Euro | 55.595 Euro | 44.900 Euro |
Der Volvo wirkt nicht nur im Vergleich mit den Mittelklasse-Modellen von VW und Mazda teuer, sondern auch in Relation zum Audi A6 e-tron. Der zudem ziemlich gut ist: Weil er sparsamer ist als der Volvo, bietet er trotz deutlich kleinerem Akku fast die gleiche Reichweite. Bei der reinen Ladegeschwindigkeit hinkt er etwas hinterher, weil hier nur 150 Zellen verbaut sind, was bei einer Zellspannung von 3,7 Volt nur etwa 555 Volt ergibt, also kaum mehr als bei einem 400-Volt-Modell. Doch kann man hier pro Minute Wartezeit sogar mehr Reichweite nachladen. Insofern würden wir sagen, dass der Audi beim Laden dem Volvo zumindest ebenbürtig ist.
Ebenfalls bemerkenswert ist, dass der VW ID.7 beim Reichweite-Nachladen nahe an die beiden 800-Volt-Modelle herankommt. Das liegt sowohl am geringen Stromverbrauch als auch an der für ein 400-Volt-Auto sehr hohen Ladegeschwindigkeit von 2,3 kWh/min. Der VW weist zudem die größte Reichweite im Vergleich auf. So ist das Modell ein fast ebenso gutes Langstreckenauto wie der Volvo oder der Audi. Obwohl der Volkswagen mit einem rabattierten Preis von rund 56.000 Euro über 20.000 Euro günstiger ist als der Volvo.
Der Mazda 6e sieht im Vergleich jedoch ziemlich alt aus. Er mag ein schickes Design haben, aber als Kilometerfresser taugt er weniger. Die vergleichsweise geringe Reichweite und die wirklich nicht mehr zeitgemäße Ladegeschwindigkeit gepaart mit einem relativ hohen Verbrauch lassen ihn trotz des niedrigen Preises wenig attraktiv erscheinen.
Erweitern wir nun unseren Horizont nun noch um Modelle mit kleinem Kofferraumdeckel, auch wenn dies die Alltagstauglichkeit erheblich einschränkt. Den BMW i5 haben wir bereits abgehandelt, der Porsche Taycan ist mit einem Basispreis von über 100.000 Euro zu teuer.
Es bleiben der Lucid Air in der Basisversion, und vielleicht auch die rund 20 bis 30 cm kürzeren Modelle Tesla Model 3 und Mercedes CLA EQ, obwohl der Letztgenannte vom Hersteller in die Kompaktklasse eingeordnet wird und obwohl man im Fond ziemlich beengt sitzt, wie diverse Tests ergaben. Hier eine weitere Vergleichstabelle mit der Basisversion des Volvo, wobei wir beim Tesla und Lucid auf Daten von EV-Database zurückgegriffen haben, weil die Hersteller nur unvollständige Werte veröffentlichen:
Volvo ES90 RWD | Tesla Model 3 LR RWD | Mercedes CLA 250+ | Lucid Air RWD Pure | |
Antrieb | RWD 245 kW | RWD 235 kW | RWD 200 kW | RWD 325 kW |
0-100 km/h | 6,9 Sek. | 5,2 Sek. | 6,7 Sek. | 4,7 Sek. |
WLTP-Verbrauch | 16,1 kWh | 13,6 kWh | 12,2 kWh | 13,0 kWh |
Akku netto | 88 kWh | ca. 79 kWh | 85 kWh | ca. 88 kWh |
WLTP-Reichweite | 650 km | 750 km | 792 km | 751-831 km |
Ladedauer 10- 80 % |
22 min | ca. 29 min | 22 min | ca. 26 min |
Ladegeschw. | 2,8 kWh/min | ca. 1,9 kWh/min | 2,7 kWh/min | ca. 2,4 kWh/min |
Reichweite-Nachladen | 20,7 km/min | ca. 18,1 km/min | 25,2 km/min | ca. 22,4 km/min |
Preis | 71.990 Euro | 44.990 Euro | 53.066 Euro | 85.900 Euro |
Im Vergleich zu den unterklassigen Modellen von Tesla und Mercedes ist der Volvo natürlich wieder teurer. Diese bieten allerdings deutlich mehr Reichweite, weil sie sehr sparsam sind. Beim Laden ist der CLA dem ES90 ebenfalls zumindest ebenbürtig, der Tesla kommt beim Reichweite-Nachladen nahe an ihn heran. Der Lucid Air Pure ist dem Volvo in fast allen Disziplinen überlegen, allerdings auch etwa 14.000 Euro oder 19 Prozent teurer. Beim Sprint sind der Tesla und der Lucid deutlich schneller als der Volvo.
Unter dem Strich
Bei der Fahrveranstaltung sagte ein Kollege über den Volvo ES90 RWD, der Wagen sei schon ziemlich teuer. Stimmt das? Nun, der am besten vergleichbare Rivale ist der Audi A6 Sportback e-tron, der als einzige Premium-Limousine der oberen Mittelklasse 800 Volt bietet wie der Volvo.
Betrachtet man die ES90-Einstiegsversion, so ist der A6 e-tron Performance technisch überlegen, aber auch teurer, während der normale A6 e-tron unterlegen und günstiger ist. Insofern kann man sagen, dass der Volvo mit knapp 72.000 Euro nicht überteuert ist. Dabei haben wir nur die Technik berücksichtigt, die Ausstattung, Wertigkeit und andere Aspekte bleiben außen vor.
Wer ein unterklassiges Modell nicht scheut, kann sich als Alternative den VW ID.7 Pro S ansehen. Wenn auch Platz und Kofferraum kein Thema sind, dann auch den Mercedes CLA 250+ EQ. Letzterer bietet sogar bessere Langstreckenqualitäten als der Volvo und ist rund 19.000 Euro günstiger.