Dieses Auto ist einfach absurd und entzieht sich irgendwie jeder objektiven Betrachtung. Über 1.000 PS in einer Luxus-Limousine, macht das Sinn? Nein. Macht das Spaß? Absolut! Ist das verrückt? Könnte sein ...
Tesla Model S Plaid - alleine der Name hebt ihn von allen anderen Top-Modellen ab. Während die Sportler von Model 3 und Model Y maximal langweilig "Performance" getauft wurden, darf das Model S weiterhin die Sciene-Fiction-Komödie "Spaceballs" zitieren und sich "Plaid" nennen. Das bezieht sich auf das Karomuster ("plaid"), das Lord Helmchens Raumschiff beim Erreichen der absolut höchsten Geschwindigkeit hinterlässt. Bisschen lost in translation vielleicht, aber trotzdem cool.
2,1 Sekunden von null auf 100, eine Viertelmeile in 9,23 Sekunden und 322 km/h Spitze machen ihn zum schnellsten Serien-Viertürer der Welt. Gleichzeitig verspricht Tesla Langstreckenkomfort, 611 Kilometer Reichweite nach WLTP und den modernsten Autopiloten der Branche. Ob dieser Spagat zwischen Sportwagen und Reiselimousine gelingt, zeigt der Test auf deutschen Straßen und Autobahnen.
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Karosserie | Antrieb | Fahrverhalten | Infotainment/Bedienung | Kosten | Fazit
| Schnelle Daten | Tesla Model S Plaid |
| Segment | Luxus-Sportlimousine |
| Leistung | 1.020 PS |
| Motor | Drei Elektromotoren |
| Beschleunigung 0-100 km/h | 2,1 Sekunden |
| Höchstgeschwindigkeit | 262 km/h |
| Verbrauch WLTP | 18 kWh/100 km |
| Reichweite WLTP | 611 km |
| Länge / Breite / Höhe | 5.046 mm / 2.189 mm / 1.430 mm |
| Kofferraum | 799 Liter |
| Grundpreis | 119.990 Euro |
| Preis Testwagen | 126.970 Euro |
Karosserie
Das Model S ist seit 2012 im Programm und damit für Verhältnisse der Elektromobilität ein Methusalem. Trotzdem wirkt das Exterieur immer noch top modern, was auch an den Modellpflegemaßnahmen liegt. Vor allem das Plaid-Modell mit seinen schwarzen Applikationen, dem Frontschwert und der Carbon-Abrisskante sieht ziemlich scharf aus. Ist natürlich Geschmacksache. Mit gut fünf Metern Länge und 2,19 Metern Breite ist der Plaid ein ausgewachsenes Luxusschiff. Die flache Silhouette mit nur 1,43 Metern Höhe unterstreicht den sportlichen Charakter. Die 21 Zoll großen, schwarzen Räder passen perfekt dazu.
Bilder von: InsideEVs.de
Im Innenraum wirkt der Plaid wegen seiner schwarz-weißen Lederausstattung auch ziemlich frisch. Die Sportsitze bieten viel Seitenhalt, ohne einzuengen. Sie sind weder zu schmal noch zu breit und lassen einen auch nach fünf Stunden noch völlig entspannt aussteigen. Eine ausfahrbare Oberschenkelauflage fehlt zwar, die vorhandene Auflage ist aber selbst für größere Fahrer ausreichend. Einziger Kritikpunkt sind die fest integrierten Kopfstützen, die je nach Sitzposition sehr dicht am Kopf sitzen können. Eine verstellbare Variante wäre hier komfortabler, würde optisch aber wohl nicht so gut zum sportlichen Image passen.
Vorn ist das Platzangebot sehr gut. Durch das große Glasdach gibt es reichlich Kopffreiheit, die schmale Mittelkonsole lässt dem Fahrerknie viel Raum. Nur der Türgriff links stört minimal. Mit 1,87 Metern Körpergröße sitzt man hier entspannt, auch nach mehreren Stunden am Steuer.
Hinten sieht es anders aus. Zwar gibt es reichlich Knieraum und ausreichend Kopffreiheit, der sehr hohe Boden zwingt aber zu extrem angewinkelten Beinen. Die Oberschenkel liegen nicht auf der Sitzfläche auf, was schon nach wenigen Minuten unbequem wird. Für eine Luxuslimousine dieser Klasse ist das enttäuschend.
Bilder von: InsideEVs.de
Der Kofferraum fasst offiziell 799 Liter und ist sehr flach gehalten. Die große Heckklappe ermöglicht einfaches Beladen, ein großzügiges Unterflurfach nimmt Ladekabel auf. Ärgerlich ist die klemmende, faltbare Hutablage, die sich nicht wie erwartet nach hinten wegklappen lässt.
Stauraum für Kleinkram gibt es reichlich. Zwei große induktive Ladeschalen nehmen selbst große Smartphones auf, ohne dass diese herausfallen. Praktisch ist, dass man das Display auch während der Fahrt im Blick hat, falls man Apps nutzen möchte. Dazu kommen zwei verschließbare Fächer in der Mittelkonsole, große Türtaschen mit Platz für Flaschen und zwei Getränkehalter.
Bis in den hohen Geschwindigkeitsbereich bleibt das Auto erstaunlich leise. Natürlich kommen irgendwann Windgeräusche ins Spiel, man sitzt relativ dicht an der Frontscheibe. Weil der Antrieb aber so leise arbeitet, nimmt man solche Geräusche stärker wahr. Vom Fahrwerk kommt nichts, keine Abrollgeräusche der Reifen, nur das Rauschen des Windes.
Ärgerlich ist eindeutliches Dröhnen bei exakt 150 km/h, das wir aif die Winterreifen schieben würden. Außerdem gibt es zwischen 130 und 140 km/h ein deutliches Zittern im Lenkrad, vermutlich eine Unwucht, die bei ebenfalls beim Winterradsatz auftritt.
| Abmessungen und Kofferraum | Tesla Model S Plaid |
| Länge | 5.046 mm |
| Breite | 2.189 mm |
| Höhe | 1.430 mm |
| Kofferraum | 799 Liter |
| Leergewicht | 2.197 kg |
Antrieb
Tja, was soll man sagen ... Drei Elektromotoren und 1.020 PS Spitzenleistung sprechen eine deutlich Sprache. Es ist einfach absurd, was dieses Auto an Leistung hat. Erstaunlicherweise hat man nie das Gefühl, auf einer Kanonenkugel zu reiten, sondern selbst im ultrascharfen Plaid-Modus ist die Leistung stets wohl dosiert abrufbar und absolut beherrschbar. Hier hat Tesla eine meisterliche Abstimmung hinbekommen! Klar merkt man gerade auf Winterreifen, dass die TRaktion endlich ist, aber die Elektronik regelt hier fast unmerklich, aber wirkungsvoll.
Was auf der Landstraße noch überschaubar wirkt, entfaltet auf der Autobahn seine wahre Dimension. Bei 130 km/h Vollgas zu geben, erzeugt einen Schub, der einfach unwirklich ist. Es geht einfach brutal vorwärts und hört vor allen Dingen bis zum Erreichen der Höchstgeschwindigkeit überhaupt nicht mehr auf! Und das alles bei absoluter Lautlosigkeit. Surreal ist das einzige Wort, das diesem Erlebnis gerecht wird.
In den beiden zahmeren Modi ist natürlich immer noch genügend Kraft vorhanden, aber den richtigen Kick gibts nur in "Plaid". Oder man klickt sich seinen eigenen Modus zusammen, eine der wenigen Individualisierungsmöglichkeiten dieses Tesla. Die Fun-Modi "Track", "Drift" und "Drag" haben wir wegen der Winterreifen und mangels abgesperrtem Gelände leider nicht testen können.
Der Verbrauch liegt bei artgerechter Bewegung im mittleren 20er Bereich. Wer es richtig krachen lässt, kommt auch auf über 30 kWh. Das klingt viel, ist aber angesichts einer über fünf Meter langen Luxuslimousine mit über 1.000 PS und drei Motoren völlig akzeptabel. Bei gemütlichen 130 km/h sinkt der Verbrauch auf 23 bis 24 kWh, nur knapp mehr als ein DS N°4 mit einem Fünftel der Leistung und deutlich weniger Gewicht. Sehr ruhig gefahren, mit viel Rekuperation im Stadtverkehr, sind auch Werte unter 15 kWh möglich. Für ein Auto dieser Leistungsklasse ist das bemerkenswert.
| Motor und Antrieb | Tesla Model S Plaid |
| Motor | Drei Elektromotoren (Tri-Motor) |
| Leistung | 1.020 PS (Spitzenleistung) |
| Antrieb | Allrad (AWD) mit Drehmomentverteilung |
| Beschleunigung 0-100 km/h | 2,1 Sekunden |
| Viertelmeile | 9,23 Sekunden (bis 250 km/h) |
| Höchstgeschwindigkeit | 322 km/h (mit Hardware-Upgrade), sonst 262 km/h |
| Reichweite (WLTP) | 611 km |
| Verbrauch (WLTP) | 18 kWh/100 km |
| Verbrauch (Test) | 15-30+ kWh/100 km |
| CO₂-Emissionen | 0 g/km |
| Ladegeschwindigkeit (DC) | bis 250 kW (Supercharger) |
| Nachladen | bis zu 330 km in 15 Minuten |
Fahrverhalten
Das Luftfahrwerk des Plaid bietet eine beeindruckend breite Spreizung. Im Komfortmodus gleitet er über viele Unebenheiten einfach hinweg, Temposchwellen werden weggepuffert. Im Plaid-Modus geht es straff zur Sache, trotzdem bleibt ein gewisser Restkomfort erhalten. Für Tesla-Verhältnisse ist das sehr gut abgestimmt. Man hat drei Fahrhöhen-Niveaus zur Auswahl, die während der Fahrt angewählt werden können. In der untersten Stufe sieht das Auto richtig schnittlich aus, bietet aber immer noch ausreichend Komfort. Die Härte lässt sich in drei Stufen verstellen, von sportwagenähnlich hart bis noch ausreichend komfortabel.
Trotzdem darf man sich nicht täuschen lassen. Der Plaid ist im Kern eine Sportlimousine mit leichtem Komfortanspruch, keine Reiselimousine im Stil einer Mercedes S-Klasse. Wer mit diesem Anspruch herangeht, wird zufrieden sein. Wer eine superkomfortable Langstreckenreiselimousine erwartet, könnte das Fahrwerk zu straff finden.
Die Bremsen bieten eine ausgezeichnete Bremsleistung bei guter Dosierbarkeit, das Zusammenspiel mit der Rekuperation funktioniert sehr gut. Das Gesamtpaket aus Antrieb, Fahrwerk, Reifen und Bremsen ist sehr gut auf einander abgestimmt und somit zu wirklich großen Taten fähig. Das zeigt nicht zuletzt ein Rundenrekord auf der Nürburgring Nordschleife, wo gerade bei Elektroautos alles stimmen muss.
Infotainment/Bedienung
Der 17,4-Zoll-Touchscreen dominiert das Cockpit. Anders als bei Model 3 und Y ist er neigungsverstellbar, lässt sich zum Fahrer, zum Beifahrer oder neutral ausrichten. Die Bedienung über den riesigen Bildschirm funktioniert sehr gut, wenn man die Tesla-typische Logik einmal verstanden hat. Die Navigation basiert auf Google, ist grafisch schön gemacht und berechnet Routen zuverlässig. Verkehrsinformationen sind jederzeit aktuell.
Die Navi-Karte ist standardmäßig auf einen sehr hohen Maßstab eingestellt, man sieht nur bis zur nächsten Kreuzung. Man kann das händisch verkleinern, nach zehn Sekunden zoomt die Karte aber wieder maximal rein. Gerade in der Stadt schränkt das die Übersichtlichkeit ein. Apple CarPlay und Android Auto gibt es weiterhin nicht, Tesla setzt auf das eigene System. Für viele Interessenten ist das allerdings ein Ausschlusskriterium.
Das Fahrerdisplay zeigt Navi-Ansicht, Tempo und Assistenzansicht. Leider lässt sich relativ wenig konfigurieren, einen dauerhaft eingeblendeten Bordcomputer gibt es nicht. Auch auf dem Mitteldisplay fehlt das Widget, das Model 3 und Y haben. Man muss immer extra in den Trip-Computer gehen, um den Verbrauch abzulesen. Das nervt auf Dauer.
Bilder von: InsideEVs.de
Ein großes Ärgernis ist das Yoke-Lenkrad, das seinem Namen absolut gerecht wird. Ein schlechter Joke, mehr nicht. Die obere Hälfte fehlt komplett, es sieht aus wie ein Steuerhorn aus einem Flugzeug. Das mag die Sicht auf die Instrumente verbessern, ist im normalen Straßenverkehr aber völlig unpraktikabel. Man kann nicht mehr umgreifen, was besonders beim Einparken störend bis gefährlich ist. Zudem liegt es nicht besonders gut in der Hand. Ein normales Lenkrad ist hier die deutlich bessere Wahl, glücklicherweise kann der Käufer dies auswählen.
Verschlimmbessert wird das Ganze in beiden Fällen allerdings durch den fehlenden Blinkerhebel. Stattdessen gibt es Tasten am Lenkrad, die auf der Autobahn bei gerader Fahrt noch halbwegs bedienbar sind. Sobald man lenkt, sind die Tasten aus dem Spiel. Gerade beim Verlassen eines Kreisverkehrs wird man regelrecht am Blinken gehindert. Das ist nicht akzeptabel. Tesla hat das bei Model 3 und Model Y bereits rückgängig gemacht, beim Model S bleibt es bei dieser unsinnigen Lösung.
Weitere Bedienelemente wie Tempomat, Wischer oder Lichthupe über Lenkradtasten funktionieren dagegen gut. Auch die Einstellung von Lenkrad und Spiegeln über die Lenkradtasten, nachdem man das über den Touchscreen aktiviert hat, ist akzeptabel, weil man das nicht so oft braucht.
Die Kameras machen einen guten Job, aber leider wird die Frontkamera beim Parken nicht eingeblendet, sondern muss jedes Mal manuell aktiviert werden. Der Geschwindigkeitswarner lässt sich per dauerhaft eingeblendetem Icon sehr einfach ausstellen. Dieses Icon ist auf dem riesigen Bildschirm allerdings so winzig, dass man es beim Fahren kaum trifft. Zudem ignoriert die Verkehrszeichenerkennung konsequent alle Zusatzzeichen wie z.B. zeitliche Bergrenzung oder Wetter.
Der kamerabasierte Autopilot funktioniert nur bis 140 km/h, für ein Auto mit bis zu 322 km/h Spitze ist das lächerlich. Der adaptive Spurassi arbeitet immerhin bis 150 km/h. Die rein kamerabasierte Lösung hat bei schlechter Sicht, Regen oder Dunkelheit konzeptbedingt Probleme. 360-Grad-Kameras und Objekterkennung bis 250 Meter sind vorhanden, arbeiten aber nicht immer zuverlässig.
Das Ein- und Aussteigen aus dem flachen Geschoss ist wegen des fehlenden Lenkradkranzes nicht ganz einfach. Wer gewohnt ist, sich am Lenkrad festzuhalten, greift hier wieder einmal ins Leere. Erschwerend kommt hinzu, dass die elektrische Servolenkung erst nach dem Ausschalten abgeschaltet wird, sodass sich das Lenkrad sehr leicht dreht. Die Türöffnung ist nicht besonders groß, die A-Säule sehr flach. In der Summe quält man sich jedes Mal etwas aus dem Auto heraus. Zuschauer dabei eher unerwünscht ...
Kosten
Der Grundpreis des Model S Plaid liegt bei 119.990 Euro. Unser Testwagen kommt mit Ultra Red Lackierung (2.600 Euro), Premium-Innenraum in Schwarz-Weiß mit Carbon und Sportsitzen (2.400 Euro) sowie Yoke-Lenkrad (1.000 Euro) auf 126.970 Euro. Autopilot, gratis Supercharger-Nutzung und Premium-Konnektivität sind inklusive.
Direkte Konkurrenten mit vergleichbarer Leistung sind rar. Der einzige noch stärkere Serien-Stromer ist der Lucid Air Sapphire mit 1.251 PS, der in 2,0 Sekunden auf 100 km/h sprintet und 330 km/h erreicht. Er kostet aber 250.000 Euro. Der Porsche Taycan Turbo S nach dem Facelift bringt es auf 952 PS und startet bei etwa 210.000 Euro. Der BMW i7 M70 xDrive leistet 660 PS und kostet ab circa 182.000 Euro, ist aber eher Luxus-Cruiser als Sportler. Aus dieser Perspektive ist der Plaid ein echtes Schnäppchen.
Die Garantie beträgt vier Jahre oder 80.000 Kilometer auf das Basisfahrzeug, acht Jahre oder 240.000 Kilometer auf Batterie und Antrieb. Das ist großzügig und unterstreicht Teslas Vertrauen in die Technik.
Fazit
Der Tesla Model S Plaid ist ein faszinierendes Auto. 1.020 PS in einer Luxuslimousine, die trotz ihrer Ursprünge aus 2012 nach dem Facelift modern wirkt. Die Performance ist schlicht unwirklich. Was dieser Wagen im oberen Geschwindigkeitsbereich noch an Dynamik bietet, lässt sich kaum in Worte fassen. Dabei bleibt er erstaunlich laufruhig und verbraucht für seine Leistungsklasse moderat. Wer eine sportliche Luxuslimousine mit absurden Fahrleistungen sucht, findet hier ein konkurrenzloses Angebot.
Allerdings ist der Plaid kein Auto ohne Ecken und Kanten. Das glücklicherweise optionale Yoke-Lenkrad ist unpraktikabel, die Blinker-Tasten beim Lenken nicht bedienbar, die Rücksitzbank unbequem und der Autopilot nur bis 140 km/h nutzbar. Wer eine komfortable Reiselimousine im Stil einer S-Klasse erwartet, wird enttäuscht sein. Der Plaid ist im Kern ein Sportwagen mit vier Türen und Kofferraum, der Komfort ist Mittel zum Zweck.
Bilder von: InsideEVs.de
Wer das akzeptiert und die Bedienlogik von Tesla schätzt, bekommt für 127.000 Euro ein Auto, das seinesgleichen sucht. Konkurrenten mit vergleichbarer Leistung kosten deutlich mehr, konventionelle Alternativen sind langsamer. Der Plaid ist eine Kategorie für sich.








