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Dieser Audi 100 TDI verbrauchte nur 1,76 Liter

Und noch immer kursieren Verschwörungstheorien. Wir klären die Sache auf

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Diese Meldung sorgte für viel Aufsehen: Miko Marczyk, der Rallye-Europameister 2025, fuhr einen Skoda Superb vom polnischen Lodz nach Paris über 2.831 Kilometer, ohne einmal zu tanken. Sein Auto war ein serienmäßiger Superb, lediglich ausgestattet mit rollwiderstandsarmen Reifen und Tieferlegungsfedern aus der Sportline-Version. Die Bodenfreiheit wurde um 15 Millimeter reduziert, um die Aerodynamik zu verbessern - ansonsten blieb alles original.

Verbrauch: 2,61 Liter. Nichts Neues, wird so manch einer sagen. Audi hatte doch schon 1989 mit einem 100 TDI sogar nur 1,76 Liter erzielt. Und uns dummen Kunden den Supersparer vorenthalten. So geisterte es bereits vor Jahren ins Netz. Verschwörungstheorien laufen eben immer gut. Nur, dass es sich bei genauer Betrachtung um keine Verschwörungstheorie handelt. Darauf wies seinerzeit schon der Faktencheck der Nachrichtenagentur AFP hin.

Audi 100 C3 (1982-1991) im Test

Aber der Reihe nach: 1989 präsentiert Audi auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt am Main mit dem Audi 100 TDI den ersten Fünfzylinder-Turbodiesel mit Direkteinspritzung in einem Serien-Pkw. Der Motor mit 2,5 Liter Hubraum leistet 88 kW (120 PS) und liefert 265 Newtonmeter Drehmoment. Er wird zunächst im Audi 100 der Baureihe C3 eingesetzt und später auch im Nachfolgemodell C4 verwendet. Ab 1994 steigt die Leistung auf 103 kW (140 PS), das Drehmoment auf 290 Newtonmeter.

Der C3-TDI wird noch kein Erfolg, wie Andreas Bauditz und Michael Modrow in ihrem Standardwerk zum Audi 100 schreiben. Nur 2.891 Exemplare entstehen, auch weil die Baureihe bereits 1991 ausläuft. Und weil der 100 TDI C3 zum Schluss über 46.000 DM kostet. Dennoch: Verbräuche zwischen 5,7 und 6,0 Liter sind möglich, zudem eine Reichweite von rund 1.400 Kilometer. Und auf der anderen Seite 200 km/h Spitze. 

Rekordfahrt mit 1,76 Liter ...

Bereits 1989 macht Audi eine medienwirksame Verbrauchsfahrt mit dem TDI, auch um ihn publikumswirksam "anzuteasern", wie man heute sagen würde. Das Ergebnis: 4.818 Kilometer mit einer Tankfüllung gleich 1,76 Liter auf 100 Kilometer. Der damalige Technikvorstand Jürgen Stockmar sagt im ZDF, dieses Auto werde bald auf den Markt kommen. Was aber missverstanden wird: Er meint nämlich die Serienversion.

Stockmar erläutert 2021 gegenüber AFP, dass sich das später erschienene Serienfahrzeug in mehreren Punkten vom Testwagen der Rekordfahrt unterschied. Um die Rekordwerte zu erreichen, seien zusätzliche Maßnahmen vorgenommen worden, während beim Serienmodell der Fokus auf Komfort und Leistung gelegen habe. Das Serienfahrzeug war aufgrund verschiedener Komfortausstattungen deutlich schwerer, zugleich wurde der Motor leistungsstärker ausgelegt. Breitere Reifen und ein etwas höherer Fahrzeugstand führten zu einem höheren Verbrauch. Der im ZDF-Beitrag gezeigte Audi stellte somit die Spitzenleistung einer speziell angepassten Sonderversion dar.

... aber mit einem besonderen Audi 100

So steht es auch in der Pressemitteilung, die Audi 1989 hinsichtlich der Rekordfahrt verschickte. So zitiert AFP daraus: "Für den einmaligen Sparrekord wurden zusätzlich noch einige Modifikationen an Fahrzeug und Motor durchgeführt."

AFP weiter: "Audi listet daraufhin mehrere Feinarbeiten auf, die Mechanikerinnen und Mechaniker des Unternehmens an Fahrzeug und Motor vorgenommen hatten. Demnach legten sie den Wagen tiefer, damit dieser leichter rolle. Sie verschlossen den Kühlergrill teilweise für die Fahrt in Europa, da dieser vor allem für extreme Temperaturen ausgelegt war. Zudem entfernten sie Dämmmaterialien, um das Gewicht des Wagens zu verringern.

Auch die Reifen pumpten sie anstatt der üblichen 2 bis 2,6 bar auf 4 bar auf, um einen möglichst günstigen Rollwiderstand zu erreichen. Die für das Bremsservo verwendete Hydraulikpumpe wurde zudem elektrisch angetrieben, um Motorleistung zu sparen.

Um den Verbrauch des Audi 100 zu optimieren, reduzierte Audi außerdem die Verdichtung und achtete beim Zusammenbau des Motors auf die Passgenauigkeit der verwendeten Motorlager. "Wie sonst bei Renn- und Tuning-Motoren üblich, wurden darüber hinaus einige Motorteile für leichten Lauf beziehungsweise ungehemmten Gasdurchsatz auf Hochglanz poliert", heißt es in der Pressemitteilung.

Leichte Verbrauchsvorteile seien auch durch eine Anpassung des sogenannten Spritzbeginns, also des Beginns der Verbrennung im Dieselmotor sowie durch kleinere Einspritzdüsen und die Verwendung von weniger zähflüssigem Öl erreicht worden.

Die Werte der Rekordfahrt ergaben sich demnach allein aus den vorgenommenen Modifikationen und hatten daher nichts mit den zu erwartenden Werten des in Serie produzierten Audi 100 TDI zu tun." Zudem wurde auf günstige Windverhältnisse geachtet. Aber die erreichte Durchschnittsgeschwindigkeit würde wohl niemand im Alltag fahren wollen: 60,2 km/h. Hier ist der eingangs erwähnte Skoda mit 80 km/h zwar flotter unterwegs gewesen, aber immer noch sehr zurückhaltend. 

Sparsam geht im Alltag ohne Probleme

Die Verbrauchsfahrten unseres italienischen Kollegen Fabio Gemelli zeigen, was mit der richtigen Fahrweise möglich ist. Sein Bestwert im Jahr 2025 liegt bei 3,85 Liter auf 100 Kilometer. Erzielt mit einem Peugeot 208 Benziner (!) mit Mildhybrid.

Audi hatte schon vor 35 Jahren einen Hybrid

Wenn man Audi vorwerfen will, den Kunden eine interessante Technologie vorenthalten zu haben, dann trifft das noch am ehesten auf den Audi 100 Duo zu. Er wurde auf dem Genfer Autosalon 1990 präsentiert. Basierend auf dem Avant 2.3 E, hatte das Hybridfahrzeug eine Batterie und einen Elektromotor mit an Bord, wohl aber auch 1.740 Kilogramm. Damals hieß es, das Konzept sei serienreif. Sieben Jahre vor dem Toyota Prius ...

Übrigens: Extreme Verbrauchsfahrten hatten in den 1980er-Jahen bei Audi eine gewisse Tradition. Im September 1981 waren Audi-Ingienieure in Zusammenarbeit mit der "auto motor und sport" in einem für die Rekordfahrt präperierten Audi 80 D unterwegs. 3.255 Kilometer bei einem Durchschnittsverbnrauch von 2,27 Liter waren das Resultat. Damals beschwerte sich niemand, dass dieser besondere Audi 80 nicht in Serie ging.  

Extrem-Sparer in Serie

Anders 2001 der Audi A2 1.2 TDI 3L und der eng verwandte VW Lupo 3L. Sie erreichten 2,99 Liter auf 100 Kilometer, waren aber wegen aufwendiger Leichtbau-Materialien deutlich teurer als ihre normalen Geschwister. Auf die Spitze trieb VW das Thema Verbrauch beim 1L von 2002. Bei einer öffentlichkeitswirksamen Fahrt zur VW-Hauptversammlung von Wolfsburg nach Hamburg im April 2002 erzielte der damalige VW-Chef Ferdinand Piëch einen Durchschnittsverbrauch von 0,89 Liter Diesel pro 100 Kilometer bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 72 km/h.

Ihm folgte das Konzeptfahrzeug L1 von 2009 mit 1,38 Liter Diesel auf 100 km. Aus ihm ging der 2011 in Kleinserie gebaute XL1 hervor. Preis: 111.000 Euro. 

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